Für Geld machen wir doch nicht alles

Neuroökonom Christian Ruff erklärt die motivierende Rolle von Geld.

In der laufenden Ausstellung im Lenzburger Stapferhaus, «Geld. Jenseits von Gut und Böse» (verlängert bis 25. Juni 2016) stehen sich Wissensduellanten gegenüber. Die Fragen des Quizduells im Stile von «Wer wird Millionär?» drehen sich darum, wo Geld die Motivation fördert und wo nicht. Der Neuroökonomie-Professor Christian Ruff hat die listigen Fragen aus fachlicher Perspektive geprüft. Wir haben ihn besucht.

Welche Hauptaussage soll den Teilnehmenden des Quizduells hängenbleiben?

Im allgemeinen herrscht der Glaube vor, dass mit mehr Geld die Motivation gesteigert werden kann, was wiederum zu einer besseren Leistung führt. Es gibt jedoch Tätigkeiten, bei der Geld nicht motivierend wirkt, sondern entweder keinen Effekt zeigt oder – noch schlimmer – kontraproduktiv wirkt.

Wo ist eine solche unbeabsichtigt kontraproduktive Wirkung zu beobachten?

Es findet bei den Tätigkeiten statt, die wir wegen unseres sozialen Bewusstseins sowieso tun würden. Diese Tätigkeiten gegen Geld zu machen, führt zu einer geringeren Bereitschaft. Beispiel: Ein Freund fragt Sie, ob Sie beim Umzug mithelfen. Natürlich sagen Sie zu. Wenn er Ihnen Geld anbieten würde, sähe es ganz anders aus. Denn wenn Sie das Geld annehmen würden, wären Sie einerseits käuflich und andererseits würden Sie gegen soziale Normen verstossen. Daher lehnen Sie in diesem Fall eher ab.

Wieso ist das so?

Wir haben evolutionsbedingte Verhaltensmuster in uns, die von grundsätzlichen Bedürfnissen wie Nahrung, Sicherheit oder Fortpflanzung ausgelöst werden. Diese Veranlagungen sind die Kräfte, die unser Verhalten hauptsächlich antreiben. Evolutionsbiologisch spielte Geld dagegen in der Entwicklung unseres Verhaltens keine Rolle – schliesslich gibt es Geld an sich ja erst seit einigen tausend Jahren. Der Konflikt tritt gerade bei Tätigkeiten auf, die wir wegen unseres sozial orientierten Verhaltens sowieso ausführen würden, und bei denen der Motivationsfaktor Geld nicht nur unnötig ist, sondern eine ungewollte Signalwirkung ausübt («der macht es nur gegen Geld»).

Im Geschäftsalltag spielen aber finanzielle Anreize schon eine Rolle?

Klar. Allerdings hängt die Rolle des Geldes hier stark vom Management und der Unternehmenskultur ab. Bei Routinetätigkeiten hilft Geld für gewöhnlich, die Leistung zu steigern, bei kreativen Arbeiten dagegen weniger. Unternehmen zeigen grosses Interesse daran, eine optimale Anreizstruktur zu schaffen, die die Leistung steigert. Spannenderweise führen diese «Incentives« aber nicht immer dazu, dass die bestehenden Mitarbeitenden ihr Verhalten daran anpassen, sondern oft fühlt sich ein bestimmter Charakter- oder Wertetypus davon angezogen und bewirbt sich gehäufter bei dieser Firma.

Die Resultate aus der Verhaltens- und Neuroökonomie sind sehr anschaulich, scheint es?

Ja, unser Fachbereich hat es bei der Vermittlung sicher einfacher als die Mathe oder die Physik. Wir könnten die Verhaltensmuster, die wir erkennen, auch direkt den Leuten in einem Experiment aufzeigen. Das ist alles sehr nachvollziehbar. Wenn wir Gesetzmässigkeiten bestimmen wollen, brauchen wir aber den Blick ins Gehirn, mit dem sich die Grundlagen für dieses Entscheidungshandeln physisch nachweisen lassen. Das ist dann natürlich komplexer.

Sie haben die aktuelle Stapferhaus-Ausstellung «Geld» unterstützt, indem Sie geprüft haben, dass Forschungsresultate richtig wiedergegeben werden. Was war der Beweggrund zur Teilnahme?

Wir von der akademischen Welt haben die Aufgabe, der Gesellschaft unser Wissen zu vermitteln, um ihr Nutzen zu bringen. Dabei muss Wissenschaft nicht abstrakt bleiben, sondern soll auch anschaulich sein und Spass machen. Ein interaktives Quiz, um dieses Wissen spielerisch zu teilen, ist dafür bestens geeignet.

Christian Ruff ist Professor für «Neuroeconomics and Decision Neuroscience» am Labor zur Erforschung sozialer und neuronaler Systeme (SNS Lab) der Universität Zürich. Er hat das Stapferhaus bei der Formulierung der ökonomischen Ergebnisse beraten.