Blick in die Fantasien eines AfD-Bundestagsabgeordneten
Von Moritz Friess | Kultur und Gesellschaft | 30.08.2023
Hat künstliche Intelligenz Vorurteile? Ja, aber: Die User können sie auch ganz gezielt anweisen, hetzerische Inhalte zu erstellen. Bestes Beispiel: Ein gewählter, deutscher AfD-Politiker.
Im März diesen Jahres titelte der Standard «AfD hetzt mit künstlich generierten Bildern gegen Flüchtlinge». Im Juli lancierte die FDP ihre Sujets für die anstehenden Wahlen. Darunter ein durch KI generiertes Bild. Rund um die Frage der Deklaration von mit KI-generierten Sujets habe ich mit meinem Kollegen Michael in unserer Serie #FeinTalkShorts unterhalten.
Doch heute geht es mir nicht um Sinn und Unsinn KI-generierter Inhalte in der politischen Kommunikation. Auch nicht darum, ob und wie die Realität zerfällt. Es geht mir um einen Blick in die teilweise öffentliche Nutzung von Midjourney und darum, was uns dieser auch sagen kann. Denn oft sind die Prompts hinter den Bildern spannender als die Bilder selbst.
Eine Fantasie zu einem Bild gemacht
Wie ist es dazu gekommen? Infolge des Artikels im Standard ist eine Diskussion über die Problematik der Trainingsdaten entbrannt. Doch dass diese mit Vorurteilen behaftet sind, ist nur die halbe Wahrheit. Wenn wir nicht wissen, wie der Prompt effektiv gelautet hat, wissen wir nicht, ob die Person, die das Bild generiert hat, ein entsprechendes Ergebnis wollte oder ob das Ergebnis so ist, weil es die Texteingabe wollte.
Eine Suche mit dem Stichwort «Refugee» im Community Feed von Midjourney offenbarte nach ein paar Scrolls das erwähnte Bild aus dem Standard. Und nein, das Bild zeigt die Flüchtlinge nicht in dieser emotionalen Haltung, weil Midjourney es so gelernt hat, sondern weil ein User mit dem Prompt «arab refugees agressively and violently storming berlin, photorealistic, shot with a sony alpha 6000» ein entsprechendes Ergebnis von Midjourney bestellt hat.
Die Suche offenbart auch alle Bilder, welche diese Person jemals generiert hat. Aufgrund des Beitrags im Standard kann fast mit Sicherheit gesagt werden, dass es sich dabei um den deutschen AfD-Bundestagsabgeordneten Norbert Kleinwächter handelt.
Fantasien offenbaren Absichten
Eine vertiefte Recherche zeigt beinahe ein Abbild der politischen Agenda der rechtsextremen Partei: So wurden diverse Utopie-Bilder einer Welt, die voll auf erneuerbare Energien setzt, generiert - mit dem Prompt «a dead Desert of concrete, platterer with skyscraping wind Turbinen, doomy, gloomy, atmosphere».
Auch eine fiktive Winter-Szene in einem deutschen Haushalt ohne Strom ist zu finden - mit dem Prompt «German father and daughter sitting in a modern livingrooom in darkness, it’s cold, sadness, a candle is lit on the table».
Weiter wird versucht, Klimaaktivist:innen als Aggressor:innen darzustellen - mit dem Prompt «jung German Hippie climate Aktivist looking threatening and aggressively shouting».
Es folgt ein Versuch, mit Bildern rund um Proteste in Frankreich Stimmung zu machen - mit dem Prompt «protestier and Streaming crowd under burning eifel tower in France».
Der Klimabewegung soll ein abwertendes Gesicht gegegeben werden - mit dem Prompt «A fat chubby German 18 - year - old hippie climate activist, no makeup, green short shaved mohawk, tattoos and piercings. stubborn look on her chubby face, big nose, clothing style is eclectic and wild, standing in a night club.»
Zu guter Letzt findet sich der Versuch, Migrant:innen zu zeigen, welche die deutsche Grenze stürmen. Und das wird im Prompt genau so gefordert - mit «arab and african refugees storming the german border».
Fazit: KI kann ganz gezielt eingesetzt werden, um Ängste zu schüren oder andere Menschen herabzusetzen. Das zeigt die Midjourney-Historie des AfD-Bundestagsabgeordneten eindrücklich.