Nein zum Unternehmenssteuer-Bschiss

Politische Kampagne, Grafik, Multimediaproduktion, Websites und Online Marketing für das von der SP Schweiz geführte Referendumskomitee.

Abstimmungskampagne: Nein zum Unternehmenssteuer-Bschiss

Am 12. Februar 2017 hat die Schweizer Bevölkerung über das Referendum zur Unternehmenssteuerreform III (USR3) befunden und die Vorlage mit 59,1 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. FEINHEIT hat für das von der SP Schweiz geführte Referendumskomitee die Grundstrategie der Nein-Kampagne entwickelt, den visuellen Auftritt für diverse Werbemittel gestaltet und Teile einer starken Onlinekampagne im Abstimmungskampf geleitet.

Neue Steuerschlupflöcher statt Abschaffung von Steuerprivilegien

Die USR3 sollte ursprünglich kantonale Steuerprivilegien von Holdings und Domizilgesellschaften abschaffen. Nach Ansicht des von der SP Schweiz geführten Referendumskomitees wurde diese löbliche Absicht in ihr Gegenteil verkehrt. Aus der ursprünglichen Reform wurde in der parlamentarischen Beratung ein Paket neuer Steuerschlupflöcher, versteckter Privilegien und genereller Steuersenkungen für Konzerne und Grossaktionäre geschnürt. Für den Bund, die Kantone und die Gemeinden hätte dies jährliche Steuerausfälle in Milliardenhöhe bedeutet. So gestaltete sich die Ausgangslage, als FEINHEIT damit beauftragt wurde, die Grundstrategie für eine wirksame Nein-Kampagne zu entwickeln. Nach einem intensiven Abstimmungskampf können wir auf die Erfolgsfaktoren einer aussergewöhnlichen Kampagne zurückblicken.

Das richtige Ziel vor Augen: Den Sieg.

Zusammen mit dem Referendumskomitee gelangte FEINHEIT bei der Strategiefindung zur Überzeugung, dass es bei dieser Abstimmung für das Nein-Lager nicht nur um einen Achtungserfolg gehen dürfte, sondern die Abstimmung tatsächlich zu gewinnen wäre. Inhaltliche Analysen zur Vorlage gepaart mit Datenanalysen zur knapp angenommen Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform II lieferten dazu die Grundlage. Eine sehr hohe Ablehnung im Linkslager, eine mehrheitliche Ablehnung bei den parteiunabhängigen Stimmenden – diese bilden regelmässig rund einen Viertel der Stimmbevölkerung – und einen möglichst hohen Nein-Stimmenanteil im bürgerlichen Lager stellte die Erfolgsformel für ein Volks-Nein dar.

Das Ziel einer Abstimmungskampagne legt den Grundstein für die Strategie. Zusammen mit dem Referendumskomitee gelangte FEINHEIT bei der Strategiefindung zur Überzeugung, dass es bei dieser Abstimmung für das Nein-Lager nicht nur um einen Achtungserfolg gehen dürfte, sondern die Abstimmung tatsächlich zu gewinnen wäre. Inhaltliche Analysen zur Vorlage gepaart mit Datenanalysen zur knapp angenommen Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform II lieferten dazu die Grundlage. Eine sehr hohe Ablehnung im Linkslager, eine mehrheitliche Ablehnung bei den parteiunabhängigen Stimmenden – diese bilden regelmässig rund einen Viertel der Stimmbevölkerung – und einen möglichst hohen Nein-Stimmenanteil im bürgerlichen Lager, mit Fokus auf rechtsbürgerliche Stimmen, stellte die Erfolgsformel für ein Volks-Nein dar. An diesem gemeinsam entwickelten Ziel orientierte sich die gesamte Kampagne.

Das schlagende Argument gefunden: Der Mittelstand zahlt.

Für FEINHEIT war klar, dass der Pro-Kampagne ein sehr konkretes inhaltliches Argument entgegengestellt werden musste, welches im bürgerlichen Lager Zweifel an der Richtigkeit der vorgeschlagenen Lösung schüren würde. Zudem sollte die Argumentation parteiunabhängige Stimmenden mehrheitlich für das Nein-Lager gewinnen. Dafür galt es den grossen Verlierer dieser Reform zu benennen: Den Mittelstand. Umfragedaten zeigen, dass sich eine überwältigende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer dem Begriff des Mittelstandes zugehörig fühlt. Dieses Wording führte zu den plakativen Hauptbotschaften „Noch höhere Steuern für den Mittelstand?“ und „Milliarden-Bschiss am Mittelstand!“ Konsequent wurde in der Kommunikation von einem „Nein zum Unternehmenssteuer-Bschiss“ gesprochen, was auch Erinnerungen an die massiven Steuerausfällen nach der USR2-Abstimmung provozierte. In der heissen Abstimmungsphase konnte die Botschaft des verlierenden Mittelstandes noch mit folgender Aussage zugespitzt werden: „Diese Steuerreform kostet jeden Haushalt 1000 CHF pro Jahr.“

Das Referendumskommitee und FEINHEIT antizipierten frühzeitig, dass die Ja-Kampagne mit abstrakten Botschaften wie „Arbeitsplätze sichern!“ und „Schweiz stärken!“ für die USR3 werben würde. Für FEINHEIT war daher auch klar, dass einer solchen Kampagne ein sehr konkretes inhaltliches Argument entgegengestellt werden müsse, welches im bürgerlichen Lager Zweifel an der Richtigkeit der vorgeschlagenen Lösung schüren würde. Zudem sollte die Argumentation parteiunabhängige Stimmenden mehrheitlich für das Nein-Lager gewinnen. Dafür galt es den grossen Verlierer dieser Reform zu benennen: Den Mittelstand. Dieser Begriff umfasst in der Wahrnehmung der Schweizerinnen und Schweizer Familien, Arbeitnehmende, Gewerbetreibende und Selbstständigerwerbende, Rentnerinnen und Rentner, Intellektuelle und Kulturschaffende, Städterinnen und Städter, Agglo-Bewohnende, die Landbevölkerung, Jung und Alt, Frauen und Männer, unpolitische und politisch aktive Mitbürgerinnen und Mitbürger. Umfragedaten zeigen, dass sich eine überwältigende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer dem Begriff des Mittelstandes zugehörig fühlt – im Wahlbarometer 2011 waren es bspw. 87% der Befragten.

Dieses Wording führte schliesslich zu den plakativen Hauptbotschaften „Noch höhere Steuern für den Mittelstand?“ und „Milliarden-Bschiss am Mittelstand!“ Konsequent wurde in der Kommunikation von einem „Nein zum Unternehmenssteuer-Bschiss“ gesprochen, was auch Erinnerungen an die massiven Steuerausfällen nach der USR2-Abstimmung provozierte. In der heissen Abstimmungsphase konnte die Botschaft des verlierenden Mittelstandes noch mit folgender Aussage zugespitzt werden: „Diese Steuerreform kostet jeden Haushalt 1000 CHF pro Jahr.“ Onlinekommentare und Leserbriefe wiesen bereits Ende 2016 auf ein grosses Potenzial an Nein-Stimmen hin und zeigten, dass der Deutungsrahmen eines verlierenden Mittelstandes offensichtlich den Nerv von vielen Menschen in der Schweiz getroffen hatte. Und zwar unabhängig der politischen Präferenz. Die späteren Zahlen aus den SRG-Trendumfragen bestätigten diese Beobachtung auch empirisch.

Visuell den richtigen Ton getroffen.

Es war von Beginn an klar, dass die Ja-Seite mit deutlich mehr finanziellen Mitteln in den Abstimmungskampf steigen würde. Die Sendung 10vor10 sprach rund 10 Tage vor der Abstimmung von einem 19-mal grösseren Werbebudget der Befürworter. Umso wichtiger war es, eine sehr klare visuelle Sprache zu finden, welche die dargelegten Botschaften mit Nachdruck und möglichst hoher Visibilität transportieren würde. Entstanden ist eine sehr reduzierte und kantige Nein-Kampagne, welche sich als reine Typolösung vom Meer an Werbemitteln im öffentlichen und medialen Raum abhob. In einer zweiten Phase des Abstimmungskampfs konnte die Kampagne um die Botschaft der jährlichen Kosten von 1000 CHF pro Haushalt erweitert werden, die mit Visualisierungen für Inserate (greifende Hand) und ePanels (brennende Note) ergänzt worden ist.

Der Stil fand offensichtlich Anklang bis weit ins rechtsbürgerliche Lager, wie der Zürcher SVP-Nationalrat Zanetti in der Sendung Schawinski (ab 21:56) verriet: „Ich muss anerkennen, eure Kampagne ist nicht so schlecht. Sie spricht die Leute an.“ Und fügte stiltechnisch an: „Es ist ein SVP-Plakat!“. FEINHEIT wehrt sich zwar gegen die Verkürzung, ein SVP-Plakat sei die Definition eines guten Plakats und wir sehen das Plakat auch als einen eigenen Stil an, aber wir gehen mit Herrn Zanetti einig, dass der Auftritt offensichtlich viele Menschen angesprochen hat. In einer zweiten Phase des Abstimmungskampfs konnte die Kampagne um die Botschaft der jährlichen Kosten von 1000 CHF pro Haushalt erweitert werden, die mit Visualisierungen für Inserate (greifende Hand) und ePanels (brennende Note) ergänzt worden ist.

Social Media

Kampagnenarbeit und Social Media harmonieren.

Das Kampagnenteam des Referendumskomitees unter der Führung der SP Schweiz hat die Grundstrategie konsequent umgesetzt und positiv weiterentwickelt sowie operativ von A bis Z ausserordentlich gute Kampagnenarbeit geleistet. Damit ist es dem Kampagnenteam bereits früh gelungen, mit gewichtigen Stimmen und Inhalten einen kritischen Deutungsrahmen zur Vorlage im medialen Raum (zumindest teilweise) zu etablieren. Davon hat insbesondere die Social Media-Kampagne mit gewichtigen Content-Elementen profitiert.

Da wenige finanzielle Mittel für Plakate oder Inserate zur Verfügung standen, ist die negative Entwicklung der Zustimmung zur Vorlage von der ersten zur zweiten SRG-Trendumfrage zu einem grossen Teil mit der Kampagnen- und Social Media-Arbeit des Kampagnenteams zu erklären. Die oft zitierten kritischen Äusserungen von alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und alt Regierungsrat Christian Wanner dürften den negativen Trend verstärkt und die Spaltung des bürgerlichen Lagers offengelegt haben. Aber der Trend zum Nein war davon unabhängig vorhanden. Der mittlere Stichtag der zweiten GfS-Befragung lag einen Tag vor dem Medienauftritt von Eveline Widmer-Schlumpf im Blick. Wir sind überzeugt, dass der auf Basis der Grundstrategie aufgebaute Diskurs zusammen mit den Äusserungen der alt Bundesrätin und des ehemaligen Präsidenten der Finanzdirektorenkonferenz den Boden für weitere kritische Stimmen aus dem bürgerlichen Lager gelegt haben. Diese Entwicklung hat wiederum das Social-Media-Campaigning beflügelt und so sehr grosse Reichweite erzielt.