Schuld war nicht OpenAI, sondern Cloudflare. Ein Netzwerkdienstleister, von dem viele noch nie gehört haben, der aber für rund 20 % des weltweiten Internetverkehrs verantwortlich ist.
Cloudflare hatte einen Fehler in der automatisierten Sicherheitskonfiguration, den niemand bemerkt hatte. Eine Datei war zu gross und brachte dadurch Teile des Systems zum Absturz. (Cloudflare Blog, 18. November 2025) Der Vorfall war rein technischer Natur kein Cyberangriff. Aber er machte sichtbar, wie abhängig das Internet von einzelnen Akteuren geworden ist.
Das Internet wurde ursprünglich gebaut, um alles zu überstehen – Atomkriege, Stromausfälle, Unruhen. Heute bringen schon fehlerhafte Konfigurationsdateien zentrale Dienste ins Wanken.
Wie Cloudflare das Netz beschleunigt – und dominiert
Cloudflare schützt Websites mit intelligenten Abwehrsystemen vor DDoS-Angriffen. «Bei solchen Angriffen übernehmen Scriptkiddies und Hackergangs ungesicherte Geräte, bündeln sie zu sogenannten Botnets und schicken damit beliebigen Traffic auf beliebige Server mit dem Ziel, einen Dienst lahmzulegen. Ohne Schutz werden diese Server überrollt und es entsteht ein künstlicher Datenstau.», erklärt Matthias. Cloudflares Abwehrsysteme scannen riesige Mengen des Datenverkehrs, die für reguläre Nutzer:innen nicht einsehbar sind. In diesen identifizieren sie Anomalien. Das erlaubt es, frühzeitig mögliche Angriffe zu erkennen (Cloudflare Threat Report, 2025).
Durch die wachsende Nutzung seiner Dienste hat sich Cloudflare vom smarten CDN-Anbieter (Content Delivery Network) zum systemrelevanten Rückgrat des Internets entwickelt. Und genau hier beginnt das Paradox: Ein Dienst, der Inhalte dezentral ausliefert und Millionen von Websites schützt, wird selbst zu einem zentralen Engpass.
Schutz durch Konzentration und das Problem dahinter
Wer Cloudflare nutzt, profitiert also zwar, ist aber auch ausgeliefert: «Durch seine Grösse erzeugt Cloudflare neue Abhängigkeiten. Das Internet entfernt sich so zunehmend von der Idee eines dezentralen, widerstandsfähigen Netzwerks», so Matthias.
Neben Cloudflare tragen auch andere Infrastrukturgiganten wie Amazon AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud eine Verantwortung für das Funktionieren des Internets. Die ursprüngliche Idee eines freien, föderierten Systems, eines Netzwerk gleichberechtigter Knoten, ist zunehmend durchsetzt von marktbeherrschenden Plattformen. Das zeigt sich nicht nur in der Infrastruktur, sondern auch auf der Ebene der Internet-Governance: «Die ICANN sollte eigentlich dafür sorgen, dass das Internet ein redundantes, dezentrales System bleibt. Doch die Root-Nameserver stehen mehrheitlich in den USA. (ICANN Root Server Report) Die technische Hoheit ist sehr ungleich verteilt.», meint Matthias.
Digitale Souveränität fängt bei der Infrastruktur an
Mehrheitlich dominieren Meta, Google, X und Co. die Diskussionen rund um die Stärken und Schwächen des Internets. Doch als Webdienstleisterin richten wir bei Feinheit den Blick immer bewusst auch auf die Infrastruktur im Hintergrund. Denn das sind jene technischen Ebenen, die zwar selten im Rampenlicht stehen, aber das Fundament des digitalen Alltags bilden.
Ein Beispiel: Statt Googles ReCaptcha-Dienst zu nutzen, könnten Captcha-Systeme wie mosparo.io bevorzugt werden – entwickelt in der Schweiz, offen und kontrollierbar. Solche Entscheidungen sind klein, aber politisch. Sie setzen ein Signal für die digitale Souveränität und technologische Vielfalt.
Fazit: Zwischen Infrastruktur und Ideologie
Cloudflare ist nicht das Problem. Im Gegenteil: Das Unternehmen bietet Schutz, Geschwindigkeit und Stabilität für Millionen von Internetnutzer:innen. Aber es ist ein Symptom für eine Entwicklung, die Technologie, Macht und Gesellschaft neu zusammenspannt. Wer heute Kommunikation strategisch denkt, muss auch verstehen, auf welchen Fundamenten diese Kommunikation aufbaut und wer sie kontrolliert.
Oder wie Matthias es formuliert: «Es gibt kein souveränes Internet in der Schweiz ohne Kooperation. Das Internet ist und bleibt etwas Globales.»