UrbanArt im Museum

Trotz der Umstrittenheit von Graffiti und Streetart versuchen Vertreter des Kunsthauses Zürich sie salonfähig zu machen. Eingeladen wurde deshalb am 12.3.11 zur Urban Art Ausstellung, die von der Crédit Suisse gesponsert wurde.

Streetart - von der Strasse ins Museum

Plaudern über Photos

Das Programm bestand unter anderem aus einer Bilderreihe von Graffities, Stickern und Stencils, die die Photografinnen Panja Jürgens und Gabriela Domeisen in den letzten Jahren in den Strassen von New York, Berlin, Paris und Zürich fotografierten. Sie zeigten ihre Fotos in Form einer Diashow und fachsimpelten dilettantisch über ihre Aufnahmen. Obwohl die beiden Damen behaupteten sich mit der Thematik auseinandergesetzt zu haben, war die Sammlung wild zusammengewürfelt, zusammenhangslos und die Bilder blieben bis auf Worte wie "schön", "spontan" oder "erotisch" unbeschrieben.

Echte Streetartisten

Im Eingangsbereich wurden Werke von Pippi Lotti Rist, Ingo Diezendanner, Sabina Gmür und Kerstin Bitar gezeigt. Damit sollte gezeigt werden wie Museen zwischen "Street Art" und "Urban Art" unterscheiden. Begriffe, die das Establishment eigens erfunden hat, um die Kunst der Strasse kategorisierbar und beurteilbar zu machen. Der Clue: Die Künstler dieser Werke haben mit der illegalen Kunst im öffentlichen Raum nichts am Hut und sind ausserhalb der Museumstüren kein Begriff.

Der Specialguest

Specialguest war an diesem Abend wohl TIKA, die mit ihrem Livepainting den Groove der Strasse ins Museum holen sollte. Sie trug eine Maske, um anonym zu bleiben. Für ihre kleinen Bilder, welche durch Farbüberlagerungen und Wegkratzen von Farbschichten entstanden, hatte sie Dispersion, Dosen und Messer zur Verfügung. Und über vier Stunden Zeit. Sich so viel Zeit für ein Bild zu nehmen, ist im museumseigenen Atelier vielleicht möglich. Auf der Strasse wohl kaum.

Podiumsdiskussion

Die Podiumsdiskussion des Anlasses widmete sich der Frage nach der Beurteilbarkeit von "Streetart". Ist nun alles Kunst, was auf der Strasse produziert wird oder gibt es da Unterschiede? Was ist gute Kunst und was ist schlechte Kunst? Eine Diskussion, die schon tausende Male geführt wurde und nichts mit Streetart, sondern regelmässig mit dem Begriff Kunst im allgemeinen auftaucht. Die Eigenarten der Streetart wurden dabei völlig ausgeklammert. Nämlich, dass sie ein Produkt der Strasse ist, spontan entsteht, für alle zugänglich ist und vor allem nicht um Erlaubnis fragt und sich um Regeln futiert. Zu stark war die Annahme der Kunstschaffenden, dass jeder Streetartist im Grunde ein Künstler sein will und sein Bild am liebsten im Museum hängen hätte. Diese Annahme trifft vielleicht auf einige Vertreter der "Szene" zu, hat jedoch nicht mit Streetart, sondern mit den Personen dahinter zu tun. Allein der Name "STREET Art" sollte genügen, um zu verstehen, dass sie im Museum nicht mehr das gleiche ist. So war es auch skurril, dass sich einige der Anwesenden über die verschmierte Fassade jammerten, obwohl sie das einzige Objekt des ganzen Anlasses war, das auch wirklich Streetart war. Allerdings war die Sprüherei AM und nicht IM Museum.

Besuch der Sammlung

Am besten an der Veranstaltung gefiel mir der Besuch der Sammlung nach der Podiumsdiskussion. Endlich hatte es mal Leute im Museum. Man hatte nicht immer das Gefühl, dass einer der Beaufsichtigten einem nachlaufe und man besonders leise flüstern sollte. In normaler Lautstärke konnte man sich mit anderen Besuchern über die wertvollen Bilder der alten Meister unterhalten und darüber reden (oder lachen) ob das eine oder andere Objekt nun gefalle oder nicht. Auf jeden Fall war es mit Abstand der beste Besuch im Kunsthaus Zürich, den ich je machte.

Ist das Glas halb voll oder halb leer?

Zum Abschluss gab es noch ein halbes Bier an der Kunsthaus Bar. Wir waren nicht die einzigen, die sich über die Frechheit des halben Bieres aufregten und den Grund dafür versuchten herauszufinden. Ein Besucher nach dem anderen reklamierte, musste jedoch entäuscht und resigniert mit seinem halbgefüllten Bier die Bar verlassen. Nach einer halben Stunde kannten wir den Grund: Das Bier war alle!

Vielleicht hatte der unbekannte Sprüher mit seiner Sprüherei Recht?

Graffiti R.I.P.

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