Offline-Unterschriften sammeln im Netz

In der Schweiz tummeln sich über 3.2 Millionen Menschen auf Facebook und Hunderttausende auf Twitter. Doch die Schubkraft von Social Media hat bisher kaum aufs politische System durchgeschlagen. Ein Grund dafür ist, dass Volksinitiativen und Referenden eine handschriftliche Unterschrift benötigen. Sie müssen weiterhin auf der Strasse gesammelt werden.

Den «Missing Link» zwischen der weitgehend abgeschotteten Politiklandschaft und der Netzwelt schafft eine neue Kampagne von Solidar Suisse, die Spinas Civil Voices entwickelt hat. Die Organisation sammelt auf ihrer Website Unterschriften für die Volksinitiative gegen Nahrungsmittelspekulation.

Herzstück der Kampagne war ein viraler Clip. Das Video wurde auf Social Media verbreitet und in der ersten Woche gemäss Solidar bereits über 200'000 Mal angeschaut. Rund 26'000 Personen haben daraufhin die Initiative im Netz «unterschrieben». Etwas mehr als die Hälfte davon kamen aus dem Ausland.

Wer die Initiative unterstütze und auf der Website «in der Schweiz stimmberechtig» ankreuzte, erhielt umgehend eine Email mit dem Unterschriftenbogen zugeschickt. Die A4-Seite war so gestaltet, dass sie zusammengefaltet als vorfrankiertes Couvert in den nächsten Briefkasten gesteckt werden konnte.

Die clevere Kombination von On- und Offline-Sammlung zeigte Wirkung: Von rund 12'000 stimmberechtigten Personen, welche die Initiative online unterstützten, schickten über 3'000 den Unterschriftenbogen zurück.

Die Konversionsrate von rund 30 Prozent zeigt exemplarisch auf, wie gross das Potenzial ist, Unterschriften für Initiativen und Referenden – mit einem kleinen Umweg – im Netz zu sammeln.

In den vergangenen Jahren gab es in der Schweiz einige Online-Petitionen, die 30'000 und mehr Stimmen erreicht haben. Wie im Fall von Solidar ist es möglich, im Schlepptau solcher Kampagnen Offline-Unterschriften für Volksinitiativen oder Referenden zu sammeln. Auf diese Weise könnten in wenigen Tagen 10’000 Unterschriften oder noch mehr zusammenkommen.

Wer weiss, wie mühsam und aufwendig Sammelaktionen auf der Strasse sind, wird sich deshalb in Zukunft gut überlegen, ein Teil der Unterschriften mit viralen Kampagnen im Netz zu sammeln.