Glücksspielsucht-Kampagne mit Betroffenen – Ein Blick hinter die Kulissen

FEINHEIT hat im Auftrag von 16 Deutschschweizer Kantonen eine Sensibilisierungskampagne zur Glücksspielsucht lanciert.

Der Startschuss einer Kampagne ist auch immer mit Anspannung verbunden. Funktioniert die Idee? Ziehen die Medien mit? Wie reagiert die Öffentlichkeit? Am Montag war ein solcher Tag. FEINHEIT hat im Auftrag von 16 Deutschschweizer Kantonen eine Sensibilisierungskampagne zum Thema Glücksspielsucht lanciert inkl. einem 30-minütigen Dokfilm, in dem drei ehemalige Suchtbetroffene eindrücklich über ihren Weg in und aus der Sucht erzählen. Der Start war ein Erfolg. Zeit für einen Blick hinter die Kulissen.

Die richtige Idee zu Beginn

Was sind sinnvolle Massnahmen für eine zweite Welle einer Glücksspielsucht-Kampagne, die 2015 als Plakatkampagne in 10 Kantonen bereits präsent war? Als sich FEINHEIT im Frühling 2016 mit dieser Frage beschäftigte, wuchs die Überzeugung, dass das Problem der Glücksspielsucht mit realen Geschichten von Suchtbetroffenen vertieft werden sollte: Betroffene können Spielenden und ihren Angehörigen glaubwürdig die Entwicklung und Konsequenzen ihrer Sucht vermitteln und zugleich auch eine breite Öffentlichkeit für ein Thema sensibilisieren, das bis anhin als Tabu galt. Zudem liefern Betroffene auch spannende Geschichten für Medien, was der Kampagne zur nötigen Präsenz verhelfen kann. Also: Gesagt, getan.

Protagonistensuche und Produktion in Rekordzeit

Die grösse Herausforderung des Films – und das war von Beginn an klar – war die Suche nach den Betroffenen. Die Ansprüche waren hoch: Auf Anonymisierungen sollte möglichst verzichtet werden – wir wollten ein Tabu brechen und nicht fördern. Zudem sollte der Film die aktuellen Risikogruppen widerspiegeln und gerade auch den aufkommenden Bereich der Online-Glücksspiele unbedingt abdecken. Und dabei sollte kein Lehrvideo entstehen, sondern ein ansprechender Mood, der insbesondere auch junge Leute abholt. Dank dem grossen Einsatz von Sucht Schweiz in der Person von Nadia Rimann stand am Schluss mit Sonia, Ismail und André das perfekte Trio für den Film bereit. Parallel lief die Arbeit in Rekordzeit: Produktion eines 30-minütigen Dokfilms vom ersten Konzeptworkshop Mitte Juli bis zur Filmabgabe am letzten Donnerstag in drei Monaten.

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Toller Content – tolle Medienpräsenz

Eine gute Medienarbeit ist essenziell – und wird leider oft vernachlässigt. Bei dieser Kampagne war es das erklärte Ziel, die Ressourcen in die Produktion von gutem Content zu stecken und für die Verbreitung neben einer zielgruppengerichteten Onlinekampagne voll auf die Medien zu setzen. Der Film mit seinen drei Protagonisten war dabei der grösste Trumpf. Und er hat gestochen. Das Thema schaffte es am Montag auf die Frontseite von 20Minuten und in die Hauptausgabe der Tagesschau. Zudem gab Sonia Auskunft bei Radio SRF 1, André gab ein ausführliches Interview für 20 Minuten online, die Tagesschau am Mittag brachte einen Vorbericht, sogar die Tagesschau im Tessin (ab 16:31) sendete einen Beitrag und weitere Medien wie Watson griffen das Thema in einem eigenen Bericht auf und lobten insbesondere die taktvolle Inszenierung: „Was den Dokumentarfilm besonders macht: Er unterlässt es, den Zuschauer mit der Moralkeule zu erschlagen“. Merci an dieser Stelle: Das war ein erklärtes Ziel.

Was hat es gebracht?

Mit der Medienpräsenz ist die Kampagne noch nicht per se ein Erfolg. Sie holt das Thema ins Bewusstsein einer breiten Bevölkerung, bringt Betroffene und/oder Angehörige aber wegen dem Medienbruch nicht direkt auf die Website oder zum Film. Deshalb startete FEINHEIT zum Kampagnenstart eine starke Onlinekampagne, welche die Möglichkeiten zielgerichteter Onlinewerbung bei Google vollständig ausschöpft: Kampagnen im Suchnetzwerk, Präsenz im Displaynetzwerk und ein starker Fokus auf Filmtrailer via Youtube Prerolls. In sechs Kantonen der Ostschweiz läuft zudem mit Plakaten und ÖV-Werbung eine breite Printkampagne. Die kurzfristigen Effekte auf das Beratungsangebot wird FEINHEIT nach der vier-wöchigen Kampagne ausführlich analysieren. Man darf jedoch die längerfristigen Effekte nicht vergessen: Der Film wird für Jahre das Angebot von www.sos-spielsucht.ch bereichern, Schulklassen können mit Filminhalten für das Thema sensibilisiert werden und Psychologinnen und Psychologen werden den Film bspw. in der Gruppentherapie einsetzen. Der nachhaltige Effekt – auch wenn schwierig messbar – wird den kurzfristigen irgendwann übersteigen.

In eigener Sache

Ja, an Tagen wie diesen liebe ich, was ich tue und wo ich es tue. Merci Nadia und Jennifer für die tolle Zusammenarbeit, merci Dominik und sein Team von GetSomePopcorn für die perfekte Umsetzung unseres Konzepts und merci FEINHEIT, für das du bist, was du bist: Eine Agentur, die es nicht scheut, neue Wege zu gehen. Aber das Wichtigste zum Schluss: Herzlichen Dank an Sonia, Ismail und André für die extrem intensive und schöne Zusammenarbeit. Euer persönliches Engagement ist unbezahlbar und sehr berührend. Alles Gute auf eurem weiteren Weg!

Simon Hugi ist Campaigner mit Herz und Verstand. Als Politologe kümmert er sich um Polit- und NGO-Kampagnen bei FEINHEIT.