Maurice, deine Rezepte enthalten auch Eibenbeere, was als giftig gilt...

Mit dem Kochbuch «Essbare Stadt» zaubert jeder und jede aus Schlüsselblumen, Lindenblättern oder Malvenwurzeln köstliche Gerichte auf den Teller. Autor Maurice Maggi und Grafiker Boris Périsset erzählen von der Idee, den Stadtbewohnern das Kochen mit Pflanzen vor der Haustüre näher zu bringen.

Maurice, hast du als Gärtner oder als Koch das Buch geschrieben?

Maurice: Das Kochbuch ist eine Weiterentwicklung von meiner Leidenschaft für «Guerilla Gardening», die den Weg in den Kochtopf fand. Als Koch habe ich immer versucht, Produkte aus der nächsten Umgebung zu verwenden. Jetzt habe ich einen Weg gefunden, sie vor meiner Haustüre zu besorgen.

Warum erscheint das Kochbuch gerade jetzt?

Maurice: Ich erhielt eine Anfrage vom AT-Verlag. Geplant war ein Buch über meine Guerilla-Gärtner-Tätigkeit. Da der AT-Verlag Kochbücher publiziert, bin aber vor der ersten Sitzung davon ausgegangen, es sollte ein Kochbuch geben (lacht). Mein Arbeitstitel «Essbare Stadt» hat bis zum Schluss überlebt, was für die Idee spricht.

Boris, was hat dich als Grafiker am Projekt gereizt?

Boris: Ich habe mich auf die Zusammenarbeit mit Maurice gefreut und darauf, ein Kochbuch zu gestalten. Bei meiner Arbeit ist die fliessende Veränderung des Webs omnipräsent. Wenn ich dann die Chance bekomme, ein beständiges Produkt zu gestalten, sage ich gerne zu.

Welche war die grösste Herausforderung für die Gestaltung?

Boris: Es war nicht leicht, die typische Bildwelt rund ums Thema «urban gardening» zu durchbrechen. Auf Graffitis und Pflanzen, die sich durch den Beton kämpfen, wollten wir verzichten und etwas Eigenständiges wie Zeitloses schaffen. Der Weg war mit drei Layout-Entwürfen weit. Wir wollten Zürich als grüne Oase zeigen. Zum Beispiel beim Bild zur Frühlingstavolata hat man Gefühl, das Essen finde auf dem Land statt und nicht in einem Innenhof im Kreis 3.

Wie kamt ihr auf die Idee mit dem offenen Buchrücken und dem Kartoncover?

Boris: Das Umschlag ist sehr aufgeräumt. Wenn man das Buch aber braucht, hinterlässt man im weichen Karton seine Spuren. Der Gebrauch wird so Teil der Gestaltung. Umso verlebter es ist, desto mehr wird es zum Liebhaberstück. Mit dem offenen Rücken lässt sich das Buch problemlos aufschlagen. Die Seiten bleiben offen liegen, was beim Kochen praktisch ist.

Maurice, deine Rezepte enthalten auch Eibenbeere, was als giftig gilt...

Maurice: Eibenbeere ist eine Giftpflanze, richtig. Aber sie besitzt einen essbaren Teil, die Frucht, die sehr delikat ist. Als Kind habe ich die Pflanze immer gegessen, bis mir irgendwann mein Lehrer sagte, sie sei giftig. Doch ich lebe ja noch (lacht). Ich will zu Diskussionen anregen, deshalb habe ich auch umstrittene Pflanzen ins Buch aufgenommen. Sie widerspiegeln die «Kanten» des Kochbuches, die nicht nur im Design ersichtlich sind, sondern auch im Inhalt.

Worauf hast du bei den Rezepten geachtet?

Maurice: Ich habe Pflanzen ausgewählt, die man schnell findet, wenn man mit offenen Augen durch die Strassen geht. Die Hemmschwelle ist so kleiner, sich auf dieses Experiment einzulassen. Der Grossteil der Rezepte ist simpel zu kochen. Man kann gut variieren und Zutaten allenfalls auch kaufen.

Wo pflückst du am liebsten deine Zutaten?

Maurice: Die Orte hängen von der Jahreszeit ab. Aber einer meiner Lieblingsplätze ist die Josefswiese. Dort findet man leckere Lindenblätter. Früher war die Linde der typische Zürcher Stadtbaum, auch die Bahnhofstrasse war voll damit. Früher hiess es, man solle Zürich im Juni besuchen, wenn die Linden blühten. Die ganze Stadt roch danach. Heute stehen an der Bahnhofstrasse keine Teelinden mehr, weil die Blattläuse die Autos verschmutzten.

Feinheit-Angebot

Bei uns gibt es das signierte Kochbuch für 50 CHF inkl. Jutesack, Postkarte und Samen zum Aussträuen im Frühling. Das Angebot ist limitiert. De Schnäller isch de Gschwinder. Bei Interesse, schickt bitte eine Email an unsere Administration.

(Preis exkl. Versand 10 CHF, abholen bei FEINHEIT möglich.)

Interview: Sophie Fürst, Kommunikation, FEINHEIT