Elon Musk & Twitter: Eine Einschätzung
Von Moritz Friess | Kommunikationsberatung | 10.11.2022
Eine kurze Einschätzung über die neue Ausgangslage bei Twitter für politische Akteure und NPO in der Schweiz.
Vorab: Das hier soll keine weitere empörte Abhandlung werden mit Spekulationen darüber, was nun mit Twitter passieren soll oder könnte. Ich will auch nicht darüber schreiben, dass der Case Twitter ein weiteres Symptom der gesellschaftlichen Veränderungen durch Social Media sei und über Geld und Macht und sowieso.
Ich will nur versuchen, eine kurze Einschätzung über den aktuellen Stand des Irrtums aufzuschreiben, weil viele von euch uns darauf angehauen haben.
Für mich sind mit Blick auf politische Akteure und NPO in der Schweiz 2 Punkte wichtig:
- Ruhe bewahren. Vorschnelle Entscheidungen, welche basierend auf Annahmen und Spekulationen getroffen werden, sind langfristig selten gut. Es kann sein, dass die Übernahme von Twitter durch Musk eine mögliche Verrohung der Diskussionskultur auf Twitter beschleunigt. Stand heute ist das aber lediglich eine Annahme. Wir sehen daher heute (noch) keine dringenden Gründe, welche für eine sofortige Abkehr von Twitter sprechen.
- Beobachten und dokumentieren. Das empfehlen wir natürlich grundsätzlich allen Akteuren, die Twitter oder andere Social Media Kanäle schon professionell nutzen. Falls eure Organisation noch kein Monitoring institutionalisiert hat, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen - insbesondere für Twitter. Im Kern geht es jeder Organisation um Brand Safety. Eine der grössten Gefahren dabei auf Twitter - oder allen anderen Social Media Kanälen - ist das Umfeld, indem die eigenen Inhalte auftauchen. Was erscheint also im Feed vor und nach meinen Posts? In welchem Kontext werden meine Tweets und Posts genutzt und angezeigt? Das ist schwer kontrollierbar. Daher empfehlen wir, dies vermehrt zu beobachten und zu dokumentieren. Aber auch da: keine Hektik. Wichtig ist, sich eine eigene Datengrundlage zu schaffen und zu beobachten, ob es Indizien für Veränderungen der Community gibt, ob sich der Ton verschärft oder der Umgang verroht. Und schlussendlich: Beobachten, ob die eigenen Zielgruppen tatsächlich noch Teil der Twitter Community sind. Erst dann ist eine Abkehr von Twitter sinnvoll.
Und dann noch eine Ergänzung für Werbekund*innen: Ein Prüfung der angekündigten neuen Nutzungsbedingungen ist angezeigt. Eventuell ergeben sich dann daraus handfeste Gründe dafür, die Werbeaktivitäten auf Twitter einzustellen (Bereits geschehen in der Autoindustrie bei der VW Gruppe).
P.S.: Der für mich überzeugendste Beitrag zum Big Picture in der Causa Twitter hab ich bei „The Verge“ gelesen. Danke für den Lesetipp an der Stelle an Andreas Amsler.