Mit «Ziggy» Zaugg Neuland betreten

Dr. Marcel Zaugg ist Geschichte. Mit seiner Entlassung hat die Schweizer Tabakindustrie ihr bekanntestes Gesicht verloren. Wer hinter der Kampagne steht, erfährt man in der neusten Ausgabe der deutschen Marketing-Zeitschrift «Fischer’s Archiv». Sie widmet der Online-Kampagne der Lungenliga Schweiz ganze zehn Seiten.

Hier ein Auszug aus dem Interview mit Cornelis Kooijman, dem verantwortlichen Projektleiter der Lungenliga.

Fischer’s Archiv Als Lungenliga sind Sie bislang eher konservativ an die Öffentlichkeit getreten, um Ihre Botschaften zu verbreiten. Mit Ziggy Zaugg sieht das ganz anders aus. Nun sind Verbände und Organisationen dafür bekannt, das Bewährte zu wahren und Neuem gegenüber eher skeptisch zu sein. Wie war das in diesem Fall?

Cornelis Kooijman Erstens macht es einen Unterschied, ob wir eine Präventionskampagne oder eine politische Kampagne führen. Auch bei unseren Präventions- und Sensibilisierungskampagnen gehen wir neue Wege und setzen vermehrt auch Onlinemedien ein. Die politische Meinungsbildung erfolgt heute nicht mehr ausschließlich über die klassischen Medien und Plakatkampagnen, sondern findet verstärkt im Internet statt. Wir mussten diesen Schritt gehen, um für die Abstimmung zum Schutz vor Passivrauchen eine breite Öffentlichkeit zu mobilisieren.

Fischer’s Archiv Philipp Morris ist Anfang des Jahres mit der Maybe-Kampagne für Marlboro gestartet. Das Keyvisual ist die rote, spitze Klammer mit dem BE davor. Sie müssen zugeben, dass da gewisse Ähnlichkeiten zur Ziggy-Zaugg-Kampagne nicht zu verleugnen sind. Auch die Plakate könnten direkt aus der Marlboro-Kampagne sein. War Ihnen das vor dem Start der Kampagne bewusst? Und welchen Zweck hatte das?

Cornelis Kooijman Das war natürlich kein Zufall: Die Agentur Feinheit hat den Stil bekannter Tabakwerbungen imitiert. Es sollte ja auf den ersten Blick klar werden, wer hinter der Kampagne steckt. Auch auf der Textebene nimmt der Slogan «Be free! Vote for smoke» bekannte Werbeaussagen auf. Wir wollten damit deutlich machen, wie fadenscheinig und unglaubwürdig es ist, heute die individuelle Freiheit mit dem Rauchen zu verknüpfen und sie über den Gesundheitsschutz zu stellen.

Fotos: Siggi Bucher

Fischer’s Archiv Gab es bereits Reaktionen von Philipp Morris?

Cornelis Kooijman Nein, wie zu erwarten war, geht die Tabakindustrie im Abstimmungskampf auf Tauchstation. Der Grund dafür ist verständlich: Die Konzerne wissen, dass ihr Ruf nicht exzellent ist in der Bevölkerung, besonders wenn es ums Thema Gesundheit geht.

Fischer’s Archiv Zum Abschluss noch etwas ganz Persönliches: Ich hätte gern Ihre Gedanken zur Kampagne erfahren. Was dachten Sie, als Ihnen die Idee vorgetragen wurde? Hatten Sie Bedenken oder waren Sie gleich Feuer und Flamme? Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht? Was haben Sie aus der Kampagne für die Zukunft gelernt?

Cornelis Kooijman Ziggy war für uns ein Experiment und eine Gratwanderung. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, unsere Abstimmungskampagne mit einer frechen und überraschenden Onlinekampagne zu ergänzen. Wer die «Generation Youtube» erreichen will, muss bereit sein, Neuland zu betreten. Ein Höhepunkt für mich war sicher, als die Kunstfigur Dr. Marcel Zaugg in meinem Büro stand. Er suchte einen Aschenbecher, um zu beweisen, dass auch bei der Lungenliga im Büro geraucht wird. Leider ohne Erfolg.