Abstimmungskampagne für Erbschaftssteuer
Von Simon Hugi | Projekte | 01.07.2015
Datenbasiertes Campaigning mit Multichannel-Inhalten
Am 14. Juni 2015 stimmte die Schweiz über die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer ab. Mit bloss 29% Ja-Stimmen ist die Initiative zwar deutlich abgelehnt worden, die Diskussion vor der Abstimmung verlief aber kontrovers und vielstimmig.
Am 29. April starteten die Gebrüder Meili – die selber reich geerbt hatten – zusammen mit FEINHEIT eine Kampagne, die die Pro-Seite verstärkte, aber eigene Argumente vorbrachte (Chancengleichheit, Vermögensverteilung, soziale Kohäsion im Land).
Ihr prioritäres Ziel war es, genau diese Themen in einem nachhaltigen Dialog in der Schweiz zu verankern. Ein gutes Abschneiden bei der Abstimmung am 14. Juni zu erreichen war ein Nebenziel.
Auf Zielpersonen angepasste Inhalte - in Kanälen getrennt
Kontaktpunkte für die Positionen der Meilis war ein Geflecht von mehreren Webseiten, die unterschiedliche Zielgruppen ansprachen. Im Vorfeld wurden zum einen ähnliche Abstimmungen und die Argumentationen darin analysiert. Mit Demoscope führte FEINHEIT zum anderen eine repräsentative Meinungsumfrage durch, um die Potentiale der Initiative auszuloten. Aus diesen Recherchen ergaben sich konkrete Ziel-Personas, die mit den beiden Webseiten „Gleiche Startchancen“ und „Die fairste Steuer“ bedient wurden. Ergänzt wurde das Gespann mit der Porträt-Webseite der Meili-Brüder und einer Aktions-Webseite.
Drei der vier Webauftritte hatten auch ihre eigenen Facebook- und Twitterprofile, worüber die ausgesuchten Zielgruppen mit den aktuellen Webseiten-Updates und Kampagnennews beliefert wurden. Jeder Kanalauftritt erhielt dadurch spezifischen Content, ausgerichtet auf unterschiedliche Themen mit wechselnden Formaten (Videos, Bilder, Links) bestückt.
Streuverluste minimieren - in der Online-Welt mit etwas Know-how gut möglich
Ein Vielzahl der Inhalte gelang via digitaler Werbung an die möglichen Interessenten: Google AdWords, Youtube, Facebook- und Twitter-Anzeigen sowie Online-Banner sollten den Content zielgenau verbreiten und so langsam eine treue Community entstehen lassen.
Ein weiterer Vorteil einer Kampagne im Netz: Neben dem oben erwähnten Targeting bietet sich insbesondere Retargeting als effektives Mittel an. Was ist darunter zu verstehen? Frühere Besucher der Kampagnen-Webseiten wurden kurz vor der Abstimmung nochmals mittels Anzeigen persönlich angesprochen. Das Google-Displaynetzwerk und -Suchresultatseiten, Facebook und Twitter dienten als Vehikel für diese Schlussmobilisierung.
Die reichen Erben, die gerne Steuern zahlen: Für Medien spannend
Ein weiterer entscheidender Faktor neben der dezentralen Zielgruppenstrategie war die klassische Medienarbeit mit Auftritten einer oder mehrerer unserer Auftraggeber im Fernsehen (Rundschau, Arena, Handelszeitung Standpunkte), im Radio und in der Presse (Blick, watson, NZZ, Tages-Anzeiger).
Digitaler Abstimmungskampf in der ganzen Bandbreite
Wenn eine rein digitale Kampagne umgesetzt wird, wie in unserem Engagement für die nationale Erbschaftssteuer, sind ein flinkes und zuverlässiges Datenhandling das A und O. Plattformen zum Posten der Social Media-Inhalte (swat.io), Koordinieren der Massnahmen mit dem Auftraggeber (Basecamp), Tracking und Monitoring-Tools erleichtern die Arbeit und ermöglichen, Effizienz-Potentiale voll und ganz auszuschöpfen.
Wichtig bleibt, dass mit allen diesen technischen Hilfsmitteln die Inhalte im Campaigning weiterhin im Zentrum stehen. Die Produktion von Blogbeiträgen, Facebook-Meldungen und Tweets bestückt mit Textstücken, Bildern, Videos, Grafiken oder Cartoons ist ein bedeutender Aufwandposten und braucht ein Zusammenspiel von Kreativität, Schnelligkeit und Koordination.
Schliesslich: Die Crowdfunding-Aktion
Inhalte folgen über Medienkanäle hinweg einer Dramaturgie. Eine Story, die für die Gebrüder Meili und FEINHEIT besonders gut funktionierte, war die Konfrontation der NZZ mit dem liberalen Grundgedanken hinter der Initiative. Die Stationen der Dramaturgie: Vom offenen Brief an den Chefredaktor, der unbeantwortet blieb, über dessen Thematisieren, bis zum anschliessenden Bezahlinserat, das mittels Crowdfunding-Aufruf, welches auch die Community mobilisierte, in kürzester Zeit abgedruckt werden konnte.